DAV Plakat Polizisten 2015-b8deab1aEin Verkehrsverstoß zieht ein Bußgeld, in vielen Fällen einen Eintrag im Fahreignungsregister in Flensburg und in einigen Fällen auch ein Fahrverbot nach sich. Die Verteidigung in Bußgeldsachen erfolgt auf verschiedenen Ebenen.
1. Prüfung der Fahrereigenschaft.
2. Prüfung, ob Vervolgungsverjährung eingetreten ist.
3. Prüfung, ob das Messverfahren technisch und formell korrekt abgelaufen ist.
4. Prüfung, ob die richtigen Bußgeldtatbestände angewandt wurden.
5. Prüfung, ob die verhängte Sanktion zutreffend bemessen wurde.
Im Folgenden möchten wir Ihnen orientiert an diesen Prüfungsebenen die Möglichkeiten einer Verteidigung in Bußgeldsachen – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – aufzeigen.

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Akteneinsicht

Fahrereigenschaft

Verjährung

Messverfahren

Bußgeldtatbestände

Fahrverbot


 

↑ Akteneinsicht

Die Prüfung, ob ein technisches Messverfahren ordnungsgemäß abgelaufen ist, setzt voraus, dass man die konkreten Daten der Messanlage kennt. Messdateien, Eichungen, Geräteaufbau etc. ergeben sich jedoch nicht aus dem Bußgeldbescheid, sondern nur aus der Bußgeldakte. Auch die Verjährungsfrage kann nur an Hand der Bußgeldakte abschließend beantwortet werden, da eine Vielzahl verjährungsunterbrechender Maßnahmen nicht zur Kenntnis des Betroffenen gelangen, sondern nur aktenkundig gemacht werden. Die Einsichtnahme in die Bußgeldakte ist daher für die seriöse Beurteilung der Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels unentbehrlich. Dabei ist es auch entscheidend, dass vollständige Akteneinsicht gewährt wird. Diese erhält nur der Verteidiger. Leider sind nicht alle Bußgeldbehörden von vornherein bereit vollständige Akteneinsicht zu gewähren, insbesondere Messdateien und Gebrauchsanweisungen werden oft zurückgehalten und müssen im Wege einer gerichtlichen Entscheidung „eingeklagt“ werden. Hier hat Rechtsanwalt Dr. Freund bereits mehrere positive Gerichtsentscheidungen herbeigeführt, die die Bußgeldbehörden zur Herausgabe aller verfahrensrelevanten Dateien und Unterlagen verpflichtet haben.

 

↑ Fahrereigenschaft

In Deutschland gilt das Prinzip, dass nur der tatsächliche Fahrzeugführer zur Verantwortung gezogen werden kann. Die Feststellung der Fahrereigenschaft ist daher zentrales Element der Verfolgung eines bestimmten Betroffenen. Dabei erfolgt die Ermittlung nicht immer unter Beachtung der Bestimmungen des Datenschutzes. Dies kann eine Verfahrenseinstellung zur Folge haben. Ob ein Fahrer identifiziert werden kann, hängt insbesondere von der Qualität des Messbildes ab. Hier ist man nicht selten erstaunt, aus welchen Bildern ein Fahrer angeblich identifiziert werden können soll. Hier setzt die Verteidigung an. Die Qualität des Messbildes muss entsprechend gerügt werden und die fehlende Identifizierbarkeit unter Bezugnahme auf die dazu ergangene Rechtsprechung vorgetragen werden.

 

↑ Verjährung

Verkehrsordnungswidrigkeiten verjähren bis zum Erlass des Bußgeldbescheides in 3 Monaten. Dabei ist jedoch zu beachten, dass die Übersendung eines Anhörungsbogens verjährungsunterbrechende Wirkung hat. Dies bedeutet, dass mit Absendung des Anhörungsbogens die Verjährungsfrist neu in Gang gesetzt wird. Diese Wirkung erlangt die Versendung des Anhörungsbogens jedoch nur, wenn die Anordnung der Übersendung aktenkundig gemacht und das Datum der Anordnung vom zuständigen Beamten mit Unterschrift oder Handzeichen abgezeichnet ist. Ob verjährungsunterbrechende Maßnahmen – von denen es neben der Versendung des Anhörungsbogens noch zahlreiche andere gibt – durch die Bußgeldbehörde ergriffen wurden, kann nur dem Akteninhalt entnommen werden.

 

↑ Messverfahren

Es existieren eine Vielzahl von technischen Verfahren, mit denen Abstandsverstöße, Geschwindigkeitsverstöße, Rotlichtverstöße etc. nachgewiesen werden können. Einige dieser Messverfahren wurden von der Rechtsprechung als standardisierte Messverfahren anerkannt. Dies bedeutet, dass bei Einhaltung einiger grundsätzlicher Bestimmungen (z. B. Aufbau gem. der Gebrauchsanweisung, gültige Eichung und Einsatz eines entsprechend geschulten Messbeamten) keine Bedenken gegen die Verwertung der Messergebnisse bestehen. In diesen Fällen bedarf es vielmehr des konkreten Nachweises eines Messfehlers, um eine positive Entscheidung für den Betroffenen herbeizuführen. Nur in Zusammenarbeit mit erfahrenen Sachverständigen und in Kenntnis der Vorgaben für die Messbeamten bzw. das jeweilige Messverfahren kann hier eine erfolgreiche Verteidigung durchgeführt werden. In diesem Bereich arbeiten wir seit Jahren mit dem Sachverständigenbüro VUT in Püttlingen zusammen, das regelmäßig die Fehler von Messverfahren aufzeigt und uns damit bei der Verteidigung in Bußgeldsachen unterstützt. Sofern der Betroffene über eine Rechtschutzversicherung verfügt, werden die Kosten der Einholung eines Sachverständigengutachtens bereits im vorgerichtlichen Verfahren von der Rechtschutzversicherung übernommen, sodass hier eine effektive Verteidigung gewährleistet ist.

 

↑ Bußgeldtatbestände

Auch die richtige Abwendung der Bußgeldvorschriften bietet Verteidigungspotenzial. Liegt tatsächlich ein Überholen vor, oder war es vielleicht nur ein Vorbeifahren? Wurde das Handy während des Betriebes eines Fahrzeuges benutzt? Hier hat das OLG Hamm gerade festgestellt, dass eine Nutzung bei stehendem Fahrzeug an der Ampel, während der Motor durch die Start-Stopp-Funktion des Autos ausgeschaltet ist, den Bußgeldtatbestand nicht erfüllt. Eigentlich logisch, aber keinesfalls einhellige Rechtsprechung bis zu dieser Entscheidung. Vielmehr forderten die Gerichte eine manuelle Abschaltung des Motors. Auf Verteilerfahrbahnen an Autobahnkreuzen wird kein Fahrspurwechsel durchgeführt, so dass die diesbezüglichen Vorschriften keine Anwendung findet. Aber weiss das auch der Polizeibeamte, der einen Unfall aufnimmt uns eine Anzeige fertigt? In den uns bislang bekannten Fällen war das jedenfalls nicht so. War die LKW Ladung korrekt gesichert? War die Fahrweise wirklich nicht angepasst? Diese Liste ließe sich endlos fortsetzen. Zahlen Sie daher nie ein Bußgeld, bevor der vermeintliche Verstoß nicht einer rechtlichen Würdigung unterzogen wurde.

 

↑ Fahrverbot

Der Gesetzgeber hat im Bußgeldkatalog verschiedene Gründe für die Verhängung eines Fahrverbotes normiert. Bei Geschwindigkeitsverstößen einer bestimmten Schwere (innerorts 31 km/h und ausserorts 41 km/h) droht bereits bei einmaliger Zuwiderhandlung ein Fahrverbot. Daneben bestimmt § 4 BKat aber auch, dass immer dann ein Fahrverbot verhängt werden soll, wenn der Betroffene innerhalb von 12 Monaten zweimal einen Geschwindigkeitsverstoß von 26 km/h oder mehr begangen hat. Während ein solcher allein betrachtet, nicht zu einem Fahrverbot führen würde, stellt die Kumulation einen Regeltatbestand dar.

Weiterhin kann ein Fahrverbot auch wegen Beharrlichkeit verhängt werden. Hier spielt das Verhalten in der weiteren Vergangenheit (meist 2 Jahre) eine Rolle. Hier wird überprüft, wie viele Eintragungen im Fahreignungsregister in Flensburg existieren. Sind es mehr als zwei Voreintragungen wegen Geschwindigkeitsverstößen, dann wird meist Beharrlichkeit angenommen und ein Fahrverbot verhängt. Unbeachtlich ist dabei, wie hoch der Geschwindigkeitsverstoß war.
Ein Fahrverbot wird daher in der Regel in folgenden Fällen verhängt:
→ Geschwindigkeitsverstoß innerorts von 31 km/h und mehr
→ Geschwindigkeitsverstoß außerorts von 41 km/h und mehr
→ zwei Geschwindigkeitsverstöße von 26 km/h und mehr in einem Jahr
→ drei Geschwindigkeitsverstöße in zwei Jahren.
Zu prüfen sind hier stets die formellen Voraussetzungen für die Verhängung eines Fahrverbotes. Hier sind insbesondere Fristenregelungen zu beachten.
Ein Fahrverbot kommt auch dann nicht in Betracht, wenn ein beruflicher oder persönlicher Härtefall vorliegt. Dies ist im Rahmen einer Einzelfallprüfung unter Berücksichtigung der dazu ergangenen Rechtsprechung zu überprüfen.

Eine weitere Ausnahme bildet das sog. Augenblickversagen. Wer die Pflichten im Straßenverkehr nur auf Grund einer kurzen Unaufmerksamkeit unter besonderen Umständen begeht, bei dem kann eine solche Ausnahme vorliegen. So hat das OLG Karlsruhe am 30.11.2005 entschieden, dass von einem Augenblickversagen auszugehen ist, wenn der Betroffene ausserorts auf einer dreispurigen Straße, die baulich von der Gegenfahrbahn getrennt ist, eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 70 km/h übersehen hat. Mit einer Begrenzung auf 70 km/h musste er bei diesen Gegebenheiten nicht rechnen. Hinzu kam, dass er ortsfremd war. Das Fahrverbot wurde daraufhin aufgehoben.